Freitag, 27. Juni 2008

Breviarium Moguntinum, Mainz, 1509, Stb Ink a 36 a


Titel: Breviarium Moguntinum

Druckjahr: 1509

Ort: Mainz

Umfang: 462 (41) Blatt
Format: Oktav

Einbandmaterial: Holzdeckel mit Lederbezug und metallenen Schließen



Einbandbeschreibung


Der Einband besteht aus mit Leder - vielleicht Rind? - bezogenen Holzdeckeln, ist mit Blindpressung versehen und hat zwei einfache metallene Schließen, von denen lediglich die am Einband befestigten Teile erhalten sind. Die Schließen selbst sind nicht mehr vorhanden.

Sowohl Vorderdeckel als auch Hinterdeckel sind mit Rollen komplett in gleicher Komposition ausgestaltet. Ein Rahmen umgibt ein rechteckiges Mittelfeld, über und unter dem ein Streifen frei gelassen wurde. Das Mittelfeld ist mit drei parallelen Rollen gefüllt, wobei die äußeren ein mit Punkten umgebenes Karomuster zeigen und die mittlere ähnlich dem Rahmen ein florales Rankenmuster. Sämtliche Zwischenräume sind zusätzlich noch mit Streicheisenlinien versehen und diese betonen auch spitz in die Mitte hin zulaufend die Bünde des Rückens.

An allen drei Außenkanten ist eine aus ästhetischen Gründen vorgenommene Abschrägung zu erkennen, die noch durch kleine Einkerbungen betont wird.

Der Rücken des Buches zeigt vier erhabene Doppelbünde und hat ein Signaturschild, ist aber ansonsten unverziert geblieben.

Es handelt sich hierbei um einen deutschen Renaissanceeinband.



Provenienz


Auf dem vorderen Spiegel findet sich ein handschriftlicher Besitzeintrag in rot von einem Johannes Cyprianus Appelius aus Seligenstadt. Dieser war bis 1618 Vikar der Liebfrauenkirche von Mainz und anschließend bis an sein Lebensende Vikar von St. Victor (25.8.1618-28.8.1632). Da der Hinweis auf St. Victor auch in seinem Eintrag steht, fällt der Erwerb des Breviers durch J.C. Appelius wohl in diese Zeit. Abgesehen von weiteren Annotationen und Notizen innerhalb des Buches, ist es der einzige vorhandene Besitzeintrag.

Die auffallendsten handschriftlichen Einträge befinden sich im Kalenderteil des Breviars, dort wurden alle lateinischen Ziffern in arabischen danebengeschrieben. Eine längere Notiz in Latein wurde auf dem hinteren Spiegel notiert.

Der Text des Buches schließt unten auf der letzten Seite mit einem in rot gedruckten Kolophon ab, welcher die Angaben über Drucker, -ort und -jahr enthält: Johann Schöffer, Mainz, im Jahr 1509.

Zur Bestätigung dieser Angaben folgt darauf auf dem letzten bedruckten Blatt das Druckersignet Schöffers, zwei Schilde an einem Aststück hängend. Das Signet wurde erstmals von Peter Schöffer 1462 verwendet und gelangte ab 1469 in dauerhaften Gebrauch der mainzer Offizin.






Papier

Durch das Format des Breviers, Oktav, sind Wasserzeichen nur schwer zu erkennen. Sie erscheinen im Falz und viergeteilt. Der einzige einigermaßen gut erkennbare und aussagekräftige Teil eines Wasserzeichens war auf einem der leeren Vorsatzblätter zu sehen. Es handelt sich um einen Bären in einem Kreis aus Zacken.

Eigenartigerweise ähnelt das Zeichen sehr der Serie C260, die als das klassische Wasserzeichen der Mühle Obere Chräzeren in St. Gallen gilt. Datierte Schriftstücke zu diesem Zeichen sind allerdings erst aus dem 17. Jh. belegt, im Zeitraum zwischen 1623-1627.



Typographie

Für den Text wurden gebrochene gotische Schriften verwendet. Es handelt sich um Schöffers T5 (Textura, von Johann Schöffer seit 1503 verwendet) und T9 und 17 (Gotico-Antiqua, verwendet seit 1506 bzw. 1509). Der Schriftgrad variiert innerhalb des Buches. Im vorderen Hauptteil wurde in einer größeren 31-zeiligen Schrift gedruckt, in den darauf folgenden Teilen in einer kleineren 35-zeiligen (T17 mit dem kleinsten Schriftgrad) zur inhaltlichen Abgrenzung.

Rot- und Schwarzdruck wechseln sich ab, wobei der Schwarzdruck in den Hauptteilen dominiert. Die Initialen und Absatzzeichen sind in der jeweiligen Auszeichnungsfarbe gehalten, ebenso auch die Initialmajuskeln, die etwas größer gesetzt sind und zusammen mit den Absatzzeichen den Text gliedern anstelle von Absätzen.

Der Satzspiegel ist in den Hauptteilen aus zwei Kolumnen aufgebaut. Kleinere Teile wie z.B. ein Register wurden zum Teil aber auch nur in einer gesetzt. Abbreviaturen und Ligaturen fanden hier noch häufig Verwendung. Am unteren Rand sind zusätzlich Bogensignaturen angebracht, die mit den Buchstaben ij und auf dem folgenden Blatt zij beginnen.

Initialen

Neben den Initialmajuskeln lassen sich noch größere Zierinitialen finden. Sie sind in unterschiedlichem Stil gestaltet und unterscheiden sich sehr voneinander. Auf Blatt V ist eine C-Initiale, die sich auch in weiteren Exemplaren wiederfindet (Stb Ink a 36, 36 b und d). Es ist eine Lombarde mit gespaltenen Enden auf vegetabilisch-ziseliertem Hintergrund in schwarz. Daneben gibt es mehrere kalligraphische Zierinitialen in rot und weitere wieder anderen Stils.




Inhalt und Aufbau

Da es sich bei dem Buch um ein Brevier handelt, enthält es eine Zusammenfassung und Kürzung verschiedener Bücher, die für das liturgische Stundengebet verwendet werden. Das Brevier ist nach dem alten römischen Vorbild gedruckt, denn in Mainz wurde erst Anfang des 17. Jahrhunderts das neue, 1568 von Papst Pius V. reformierte Brevier übernommen.

Bemerkenswerterweise beginnt der Text mit einer handschriftlichen "Praeparatio ad missam" (Vorbereitung zur Messe), dem ein ebenfalls handschriftliches Titelblatt folgt. Für die Verfassung des Titelblatts lag dabei eindeutig ein gedrucktes Vorbild zugrunde.


Der weitere Aufbau gliedert sich in einen Kalenderteil (7 Blätter), ein Register (11 Blätter), ein Inhaltsverzeichnis, einen ersten Hauptteil (beginnend mit "officiis diebus ad matutinas") und drei weitere Teile, abgeschlossen von einem zweiten Inhaltsverzeichnis.

Johann Schöffer erhielt den Auftrag zum Druck eines Breviers vom Bistum Mainz erstmals 1509. Daraufhin wurden in der Mainzer Offizin Parallelausgaben in zwei Formaten gedruckt, einer Folio- und einer Oktavfertigung. Das hier untersuchte Brevier ist Teil dieser Oktavausgabe von 1509 und war als Gebrauchsbuch gedacht und verwendet worden.



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